Frankreichs Sozialisten: Wir stehen für Regierung bereit

Paris (Reuters) – Kurz vor der Vertrauensabstimmung über den französischen Ministerpräsidenten Francois Bayrou bringen sich die Sozialisten für eine Übernahme der Regierung ins Spiel.

Fraktionschef Boris Vallaud forderte Präsident Emmanuel Macron auf, den Zentrumspolitiker Bayrou durch einen Regierungschef aus den Reihen der Linken zu ersetzen. “Wir stehen bereit, wenn er auf uns zukommt”, erklärte Vallaud mit Blick auf Macron. An Bayrou gerichtet sagte er: “Wir bedauern, dass wir Ihnen nicht vertrauen können.” Bayrou hatte im Streit über den Haushalt die Vertrauensfrage gestellt. Sein Sturz gilt als wahrscheinlich, was die nach Deutschland zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone noch weiter in die Krise treiben dürfte.

Kurz vor der Abstimmung am Montagabend warnte Bayrou die Abgeordneten eindringlich vor den Folgen eines Regierungssturzes. “Sie haben die Macht, die Regierung zu stürzen, aber Sie haben nicht die Macht, die Realität auszulöschen”, sagte er. Die schon jetzt kaum tragbare Schuldenlast werde noch größer werden. “Das Überleben Frankreichs steht auf dem Spiel”, sagte Bayrou.

Die Opposition hat über die Sozialisten hinaus signalisiert, Bayrou das Vertrauen entziehen zu wollen. Der 74-Jährige steht als vierter Regierungschef unter Präsident Macron in weniger als zwei Jahren an der Spitze einer Minderheitsregierung. Er hatte vor weniger als einem Jahr von dem konservativen Politiker Michel Barnier übernommen. Macron hat ausgeschlossen, noch einmal das Parlament aufzulösen, wie er es 2024 getan hatte.

Die vorgezogene Neuwahl hatte zu einer noch tieferen Spaltung der Nationalversammlung geführt und die politische Krise Frankreichs verschärft. Traditionell spielen Koalitionen und Parteienbündnisse in der französischen Politik eine deutlich geringere Rolle als in Deutschland. Frankreich steht unter großem Druck, seine Finanzen zu sanieren: Im vergangenen Jahr erreichte das Haushaltsdefizit fast das Doppelte des EU-Limits von drei Prozent der Wirtschaftsleistung.

(Bericht von Dominique Vidalon, Charlotte Van Campenhout, Richard Lough, Tassilo Hummel und Lucien Libert, geschrieben von Elke Ahlswede, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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