Notenbank: Kaum Wachstum in Österreich – Inflation bleibt hartnäckig

Wien/Frankfurt (Reuters) – Österreichs Wirtschaft kommt nach einer langen Rezession nur langsam in Schwung.

Für das laufende Jahr rechnet die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) lediglich mit einem Wachstum von 0,3 Prozent, wie sie am Freitag in ihrer Interimsprognose mitteilte. Zugleich dürfte die Teuerungsrate auf 3,5 Prozent steigen. Grund für die Zunahme der Inflation seien vor allem wegfallende staatliche Energiehilfen wie die Strompreisbremse.

Die Wirtschaft war nach einer knapp zweijährigen Rezession im ersten Halbjahr 2025 wieder leicht gewachsen. “Die Aussichten für das zweite Halbjahr sind jedoch weiterhin verhalten”, erklärte OeNB-Gouverneur Martin Kocher. Für die Folgejahre erwartet die Notenbank eine leichte Beschleunigung des Wachstums auf 0,8 Prozent im Jahr 2026 und 1,1 Prozent für 2027. Die Inflation soll 2026 zwar auf 2,4 Prozent sinken, da der Basiseffekt bei den Energiepreisen wegfällt. Sie dürfte aber wegen einer hartnäckig hohen Teuerung bei Dienstleistungen auch 2027 mit 2,3 Prozent vergleichsweise hoch bleiben.

Eine Herausforderung bleibt zudem die Sanierung des Staatshaushalts. Die Einschätzung der budgetären Situation habe sich gegenüber der Prognose von Juni nicht verändert, teilte die OeNB weiter mit. Die Notenbank rechnet demnach weiter mit einem Budgetdefizit von 4,2 Prozent der Wirtschaftsleistung für 2025. Für die Jahre 2026 und 2027 seien weitere Anstrengungen im Rahmen des laufenden EU-Defizitverfahrens nötig. Die EU-Kommission leitet ein solches Verfahren ein, wenn ein Mitgliedsland die Defizitgrenze bei der Neuverschuldung von drei Prozent der Wirtschaftsleistung überschreitet. Betroffene Staaten müssen dann einen Plan vorlegen, wie sie ihr Defizit wieder unter die erlaubte Marke senken wollen. Als größtes externes Risiko für die Konjunktur nannten die Währungshüter die unsichere US-Handelspolitik.

KOCHER – KANN BEI GELDPOLITIK IN BEIDE RICHTUNGEN GEHEN

Zur Inflation in der Euro-Zone sagte Kocher: “Das Inflationsziel im Euroraum ist erreicht.” Die Inflation sei dort, wo man sie haben möchte. Im August lag sie in der 20-Ländergemeinschaft bei 2,1 Prozent und damit nur einen Tick über dem Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent. Für 2026 veranschlagt die Euro-Notenbank in ihren jüngsten Prognosen eine Rate von 1,7 Prozent, für 2027 von 1,9 Prozent. Die EZB hat am Donnerstag auf ihrer ersten Zinssitzung nach der Sommerpause wie im Juli die Zinsen konstant gehalten. Die Euro-Wächter um EZB-Chefin Christine Lagarde beließen den Einlagesatz – das ist der Leitzins im Euroraum – bei 2,0 Prozent. Wie es bei den Zinsen weitergehen soll, ließ die EZB offen.

Wachsamkeit sei wichtig angesichts der Erfahrungen mit der Inflation in den vergangenen zwei, drei Jahren, sagte Kocher mit Bezug auf die Geldpolitik. Auf der EZB-Sitzung hätten sich die Währungshüter sehr einmütig auf diese Option des Zuwartens und der Datengetriebenheit bei allen Sitzungen in der Zukunft geeinigt. Niemand habe darüber gesprochen, wie es weitergehe. “Weil es wirklich in beide Richtungen weitergehen kann, grundsätzlich, je nachdem, wie sich die Lage entwickelt”, fügte Kocher hinzu. Lagarde hatte nach dem Zinsbeschluss betont, die EZB lege sich nicht vorab auf einen bestimmten Zinspfad fest.

(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich, Frank Siebelt. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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