Brüssel/Berlin (Reuters) – Die Europäische Union vertagt die für kommende Woche geplante Verabschiedung eines neuen Klimaziels für 2040.
Zunächst solle das Thema bei einem informellen EU-Gipfel am 1. Oktober zur Sprache kommen, hieß es am Freitag nach Beratungen der EU-Botschafter in Brüssel. Die EU-Kommission hatte im Juli vorgeschlagen, den Treibhausgas-Ausstoß bis 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Die Umweltminister der EU-Staaten sollten dies am 18. September beschließen. Frankreich, Polen und Italien drangen stattdessen darauf, das Thema auf die Ebene der Staats- und Regierungschefs zu heben. Auch das Bundesumweltministerium hatte zuletzt nicht mehr darauf beharrt, dass die EU-Umweltminister das Ziel in diesem Monat festlegen.
Ohne eine Einigung in der kommenden Woche könnte die EU eine Frist der Vereinten Nationen Mitte September verpassen, ihre neuen Klimapläne für den Weltklimagipfel im November einzureichen. Dafür ist ein Klimaziel für 2035 erforderlich, das sich am Pfad zum 90-Prozent-Ziel 2040 orientieren sollte.
Die EU-Staaten sind sich uneins, wie ambitioniert sie beim Klimaschutz vorgehen wollen. Auch aus Deutschland gibt es Forderungen, etwa das für 2035 geplante Verkaufsverbot für Verbrenner-Neuwagen aufzuweichen. Um skeptische Länder zu überzeugen, werden Diplomaten zufolge verschiedene Optionen diskutiert. Dazu gehören ein größere Anrechung von Klimaschutzprojekten in Drittstaaten auf das EU-Ziel oder eine Verknüpfung mit anderen EU-Gesetzen wie dem Aus für Verbrenner.
MINISTERIUM: RATSPRÄSIDENTSCHAFT LEGT SCHRITTFOLGE FEST
Die Bundesregierung hatte zuvor ihren Streit über das weitere Vorgehen entschärft. “Was das genaue Verfahren angeht, ist es jetzt Sache der Ratspräsidentschaft und des Ratspräsidenten, eine gute Schrittfolge für die Befassung festzulegen”, teilte ein Sprecher des Umweltministeriums mit. Der informelle EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 1. Oktober biete “Chancen, um politisch über die aktuelle Klimapolitik zu reden”. Die Entscheidung über das Klimaziel liege “dann beim Rat der Umweltminister und beim Europäischen Parlament”. Umweltminister Carsten Schneider (SPD) hatte die Union noch am Sonntag öffentlich vor einer Blockade gewarnt.
Das Bundesumweltministerium geht weiter davon aus, dass der Ministerrat die Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt ohne weitere Vorgaben des EU-Gipfels trifft. Die Staats- und Regierungschefs beschließen einstimmig. Angesichts des Widerstandes aus Ungarn und der Skepsis weiterer Länder wäre damit womöglich ein Scheitern des EU-Klimaziels programmiert. Im Ministerrat wird dagegen mit Mehrheit beschlossen.
Beim Klimaziel ist sich die Bundesregierung dem Sprecher des Ministeriums zufolge einig. “Deutschland wird im weiteren Prozess für den Vorschlag der Kommission und der dänischen Präsidentschaft einer 90-prozentigen Minderung stimmen”, sagte der Sprecher. “Es ist gut, dass Deutschland hier mit einer geeinten Position für ein starkes 90-Prozent-Ziel eintritt.”
(Bericht von Kate Abnett in Brüssel und Holger Hansen in Berlin. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)