Brüssel/Düsseldorf (Reuters) – Das EU-Parlament hat überraschend eine Ausweitung des CO2-Emissionshandelssystems abgelehnt. Die Vorschläge wurden am Mittwoch an den zuständigen Umweltausschuss zurückverwiesen.
Das könnte das geplante Klimapaket der Europäischen Union insgesamt verzögern. Gegen die Reform votierten Grüne und Sozialdemokraten. Sie warfen den Konservativen vor, das Vorhaben zu stark aufgeweicht zu haben. Ablehnung kam auch von rechten Gruppierungen, die es allerdings für zu ambitioniert halten.
Die Abgeordneten fanden keine Mehrheit zur Klärung der Frage, ob das bestehende System verschärft oder gelockert werden soll. Der ETS-Emissionshandel ist ein besonders wichtiger Teil der europäischen Klimapolitik, vor allem für die Industrie. Er macht Umweltverschmutzungen über die Zeit immer teurer, so dass ein Anreiz gesetzt wird, klimafreundlicher zu produzieren. Zusammen mit anderen Maßnahmen will die EU – zusammengenommen der drittgrößte CO2-Emittent der Welt – klimaschädliche Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 reduzieren.
Der Umweltausschuss muss nach gegenseitigen Vorwürfen nun versuchen, einen neuen Kompromiss zu schmieden. Der Vorsitzende des Gremiums, Pascal Canfin, sagte, es sei unklar, wie lange es nun dauern werde. “Wir werden es so schnell wie möglich machen.” Die Pläne sollen noch dieses Jahr abgeschlossen werden und ab 2023 greifen.
Das EU-Parlament sollte am Mittwoch insgesamt über acht Klimavorhaben abstimmen, einige wurden aber kurzfristig verschoben. Wegen der hohen Energiepreise und der Rekord-Inflation ist umstritten, ob diese wie geplant durchgehen sollen. Einige Industrieverbände haben die Abgeordneten aufgerufen, die Pläne zu verschieben oder abzuschwächen, wie aus E-Mails hervorgeht.
Der Lobbyverband der deutschen Stahlindustrie kritisierte die nun drohende Hängepartie. Die Unternehmen bräuchten Klarheit, betonte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff. “Mit der Blockade in Brüssel fehlen ihnen aber weiter zentrale politische Rahmenbedingungen, auf deren Basis sie ihre Investitionsentscheidungen für eine grüne Zukunft treffen können.” Durch die Verzögerung fehle es auch an der notwendigen Klarheit für politische Vorhaben auf nationaler Ebene, wie etwa Klimaschutzverträge, die eine entscheidende Bedeutung für den Erfolg der Transformation hätten.