Lindner will Spagat schaffen – Solide Staatsfinanzen bei mehr Investitionen

Berlin (Reuters) – Bundesfinanzminister Christian Lindner betont bei seiner ersten Auslandsreise im neuen Amt, stark mit Frankreich zusammenarbeiten zu wollen.

Anfang 2022 ergebe sich eine gute Gelegenheit, hier voranzukommen, sagte der FDP-Chef am Montag in Paris vor einem Abendessen mit seinem französischen Kollegen Bruno Le Maire. Denn Frankreich habe im ersten Halbjahr die europäische Ratspräsidentschaft inne und Deutschland den Vorsitz der sieben führenden Industrienationen (G7).

Lindner erklärte, es müsse ein Spagat gelingen – zwischen soliden Finanzen, aber auch mehr Investitionen für den Umbau der Wirtschaft Richtung Klimaneutralität. Rund um den Globus gebe es eine erhöhte Inflation. “Dieses Risiko ist real.” Es brauche deswegen immer auch Stabilität. “Eine wachsende Wirtschaft – das ist die beste Voraussetzung auch für stabile Staatsfinanzen.” Europa müsse finanzielle Puffer schaffen in den nächsten Jahren. Bei den EU-Schuldenobergrenzen sollte nicht nur über die Regeln diskutiert werden, sondern über die richtige Finanzpolitik für die momentanen Herausforderungen.

Frankreich will die Schuldenregeln in der EU gerne ändern. Aus Sicht der neuen Bundesregierung hat der sogenannte Stabilitäts- und Wachstumspakt in der Corona-Krise aber seine Flexibilität unter Beweis gestellt. Der Fokus sollte daher stärker darauf liegen, die Mittel aus dem 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds einzusetzen.

Le Maire sagte, die Diskussion über die EU-Regeln sei wichtig. “Wir sind hier aber nicht in Eile.” Europa könne sich Zeit nehmen für einen Kompromiss. Diesen erwarten viele Experten im Laufe des nächstes Jahres.

Frankreich werde im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft einen Fokus auf mehr Investitionen legen, so Le Maire. Er lobte in diesem Zusammenhang den Nachtragshaushalt in Deutschland im Volumen von 60 Milliarden Euro, die als Klima-Rücklage für spätere Investitionen dienen sollen. Das komme zu rechten Zeit. “Wir sehen beide Seiten”, ergänzte Lindner. Deutschland stelle jetzt Mittel für mehr Investitionen bereit, wolle die Schuldenbremse ab 2023 aber auch wieder einhalten, um Stabilität zu zeigen.

tagreuters.com2021binary_LYNXMPEHBD07C-VIEWIMAGE