Kiew (Reuters) – Die Ukraine kündigt einen Truppenrückzug aus der seit Wochen umkämpften Stadt Sjewjerodonezk im Osten des Landes an.
Die ukrainischen Truppen müssen abgezogen werden, sagte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, am Freitag im Fernsehen. Die Stadt sei zum größten Teil von den russischen Streitkräften besetzt. “Es ist sinnlos, in Stellungen zu bleiben, die über viele Monate hinweg zertrümmert wurden, nur um dort zu bleiben.” Die Soldaten hätten die Befehl zur Verlegung auf neue Positionen bereits erhalten. Hajdaj führte aber nicht aus, ob die Truppen dies auch schon getan haben oder wo genau sie Stellung beziehen sollen.
Die Schlacht um Sjewjerodonezk tobt seit gut einem Monat. Die Stadt befindet sich in Luhansk, das zusammen mit der Region Donezk den besonders umkämpften Donbass in der Ukraine bildet. Die Führung in Moskau hat eine Eroberung des Donbass, der bereits vor Kriegsausbruch zu großen Teilen von pro-russischen Separatisten kontrolliert wurde, zu einem Hauptziel erklärt. Sjewjerodonezk gilt als strategisch besonders wichtig. Sollte die Industriestadt fallen, wäre bis auf die ebenfalls schwer umkämpfte Zwillingsstadt Lyssytschansk fast die ganze Region Luhansk in russischer Hand. Damit würden die russische Armee und die mit ihr verbündeten Separatisten bei ihrem Versuch erheblich vorankommen, den Donbass vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen.
Russland hatte mit seiner Invasion am 24. Februar begonnen. Viele Experten rechneten anfangs damit, dass die Ukraine nach wenigen Tagen besiegt sein würde. Doch relativ schnell musste das russische Militär einige schwere Rückschläge einstecken. Im März etwa schlugen die Ukrainer die russischen Truppen vor den Toren der Hauptstadt Kiew zurück. Russland verlagerte seine Angriffe daraufhin verstärkt auf den Osten des Landes, wo es trotz heftiger Verluste zuletzt immer mehr Gebiete einnehmen konnte.