Bund will sich 2022 erneut mehr als 400 Milliarden leihen

Berlin (Reuters) – Der Bund will sich 2022 die bisher zweithöchste Summe von Investoren leihen.

410 Milliarden Euro sollen durch die Auktionen von Bundeswertpapieren in die Kassen von Finanzminister Christian Lindner (FDP) gespült werden, wie die mit dem Schuldenmanagement beauftragte Finanzagentur am Donnerstag mitteilte. Weitere Milliarden könnten noch durch Papiere zusammenkommen, die nicht versteigert werden, sondern mit vier Syndikatsverfahren mit Hilfe von Banken platziert werden. Hier steht das Volumen noch nicht fest.

Wegen der hohen Corona-Kosten hat sich der Bund im zu Ende gehenden Jahr die Rekordsumme von rund 483 Milliarden Euro am Finanzmarkt geliehen. Das ist noch einmal rund ein Fünftel mehr als im alten Rekordjahr 2020, als gut 406 Milliarden Euro aufgenommen wurden. In nächsten Jahr muss sich die Finanzagentur vor allem deshalb so viel Geld leihen, weil Altschulden in Höhe von 322 Milliarden Euro getilgt werden müssen. “Wir haben wieder einen hohen Finanzierungsbedarf”, sagte Finanzagentur-Chef Tammo Diemer. Sollte dieser noch höher ausfallen, könne auf verschiedene Instrumente zurückgegriffen werden – etwa, indem Papiere aus dem rund 139 Milliarden Euro zur Verfügung stehenden Eigenbestand auf den Markt geworden werden. “Wir haben einen Emissionsplan aufgestellt, der auch mit Unsicherheiten umgehen kann”, sagte Diemer.

EZB KÖNNTE KÜRZER TRETEN

Ausbauen will er den Bereich grüne Anleihen. 2020 hatte der Bund erstmals einen “Green Bond” an den Markt gebracht und dieses Segment im zu Ende gehenden Jahr ausgebaut. In diesem Jahr könnten erneut etwa 12,5 Milliarden Euro mit grünen Bundeswertpapieren erlöst werden, darunter mit einem neuen Papier mit fünfjähriger Laufzeit. Mit dem Geld sollen unter anderem nachhaltige Verkehrssysteme gefördert und CO2-Emissionen von Fahrzeugen reduziert werden.

Der Bund steht bei Investoren hoch im Kurs, da seine Bonität von allen großen Ratingagenturen mit der Bestnote “AAA” bewertet wird und die Rückzahlung damit als sehr sicher gilt. Zudem gibt es einen riesigen Markt für den Handel mit diesen Papieren, weshalb Bundeswertpapiere für Pensionsfonds, Vermögensverwalter und andere Anleger nahezu Bargeld-Status genießen. Zudem tritt die Europäische Zentralbank (EZB) in großem Stil als Käufer von Bundeswertpapieren auf. Dadurch steigt die Nachfrage, was wiederum die Renditen drückt.

Sollte die EZB ab kommenden Frühjahr das wegen der Pandemie geschaffene Kaufprogramm PEPP wie signalisiert auslaufen lassen, befürchtet die Finanzagentur keinen Einbruch der Nachfrage. Für die freie Handelbarkeit der Bundeswertpapiere könne es sogar von Vorteil sein, wenn dieser große Käufer kürzer trete, sagte Diemer. Dann sei wieder ein größerer Anteil von frei verfügbaren Bundeswertpapieren am Markt vorhanden. Schätzungen zufolge hat die EZB knapp 700 Milliarden Euro an Bundeswertpapieren in ihrem Bestand. Im Umlauf befinden sich Papiere im Wert von mehr als 1,6 Billionen Euro.

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