Kenias Vize-Präsident zum Wahlsieger erklärt – Angst vor Unruhen

Nairobi (Reuters) – In Kenia ist Vizepräsident William Ruto zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt worden.

Allerdings zweifeln seine politischen Gegner die Rechtmäßigkeit des Wahlergebnisses an. Damit wurden am Montag Befürchtungen befeuert, das Land könne auf blutige Auseinandersetzungen wie nach früheren Wahlen zusteuern. UN-Sprecher Stephane Dujarric rief alle Kandidaten dazu auf, mögliche Zweifel am Wahlergebnis über juristische Wege zu lösen.

Der Vorsitzende der Wahlkommission, Walufa Chebukati, erklärte den 55-jährigen Ruto mit einem äußerst knappen Ergebnis zum Sieger. Demnach stimmten für Ruto 50.49 Prozent der Wähler. Auf seinen Kontrahenten, den Oppositionsführer Raila Odinga, entfielen seinen Angaben nach 48,5 Prozent der Stimmen. Nur Minuten bevor Chebukati das Ergebnis verkündete, trat seine Stellvertreterin Juliana Cherera vor die Presse und erklärte: “Wir können uns die Ergebnisse nicht zu eigen machen, die gleich verkündet werden.” Sie empfahl den Parteien, alle Dispute über den Ausgang der Wahl vor Gericht auszutragen. Daraufhin brachen Tumulte in Wahlzentrum aus. Diplomaten und internationale Beobachter wurden aus dem Gebäude gedrängt, in dem die Stimmen ausgezählt wurden.

In einer ersten Stellungnahme lobte Ruto die Wahlkommission als Helden und erklärte: “Es gibt keinen Blick zurück. Wir schauen nun in die Zukunft. Alle Hände an Deck sind nötig, um vorwärts zu kommen.” Odinga nahm zunächst nicht zu dem Ergebnis Stellung. Seine Kandidatin für den Posten des Vize-Präsidenten, Martha Karua, twitterte: “Es ist nicht vorbei, bis es vorbei ist.” Der führende Vertreter von Odingas Bündnis Azimio La Umoja (Erklärung der Einheit), Saitabao Kanchory, sagte vor Reportern, man werde “Wafula Chebukati (…) vor dem kenianischen Volk zur Rechenschaft ziehen”. Die internationalen Finanzmärkte reagierten nervös. Kenias Staatsanleihen verloren unmittelbar nach Berichten über die Tumulte deutlich an Wert.

Die Präsidenten-, Parlaments- und Kommunalwahl am vergangenen Dienstag gilt als wichtiger Test für die Stabilität der größten Volkswirtschaft Ostafrikas, nachdem zwei der vergangenen drei Wahlen nach Streitigkeiten über Manipulationsvorwürfe von Gewalt überschattet worden waren. Ruto und der 77-jährige Odinga bewerben sich um die Nachfolge von Uhuru Kenyatta, der nach zwei Legislaturperioden nicht wieder antreten darf. Er hinterlässt nach umfangreichen Ausgaben für Infrastrukturprojekte einen überschuldeten Staat. Viele Kenianer leiden unter den gestiegenen Lebensmittelpreisen. Zudem hat die schlimmste Dürre seit 40 Jahren den Norden des Landes verwüstet. Über vier Millionen Menschen sind dort auf Lebensmittel-Hilfen angewiesen. Auch ist es dem scheidenden Staatsoberhaupt nicht gelungen, die weit verbreitete Korruption in den Griff zu bekommen.

Die Auszählung der Stimmen hatten sich auch wegen des komplizierten Zählverfahrens tagelang hingezogen. Es räumt den Parteien umfangreiche Kontrollrechte ein. Damit sollten Betrugsvorwürfe wie nach früheren Wahlen verhindert werden. Odinga beharrt darauf, dass ihm der Wahlsieg bei den vergangenen drei Präsidentenwahlen gestohlen wurde.

(Bericht von Duncan Miriri and George Obulutsa, geschrieben von Hans Busemann, redigiert von Zuzanna Szymanska. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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