Russland ordnet Abzug von Truppen aus Cherson in Südukraine an

(Durchgehend neu)

– von Tom Balmforth

Kiew/Novoolexandrivka (Reuters) – Russland hat den Rückzug seiner Truppen westlich des ukrainischen Flusses Dnipro um die Stadt Cherson im Süden des Landes angeordnet.

Das teilte Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Mittwoch mit und deutete damit eine der bislang schwersten Niederlagen der russischen Streitkräfte in dem Angriffskrieg an. Der Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte in der Ukraine, General Sergej Surowikin, begründete den Schritt damit, dass Cherson nicht mehr mit Nachschub zu versorgen sei.

“Wir werden die Leben unserer Soldaten und die Kampfkraft unserer Einheiten sichern”, sagte Surowikin in einer im Fernsehen übertragenen Rede. Beabsichtigt sei nun, dass die Streitkräfte sich auf das Halten des Ostufers des Dnipros konzentrieren sollten. Es bestehe die Gefahr, dass das Gebiet am Westufer überschwemmt werde und die russischen Truppen dort eingekesselt würden. Bislang hätten rund 115.000 Menschen die Region verlassen. Es sei unmöglich, die Stadt Cherson noch zu versorgen. In der Region konnten ukrainische Truppen in den vergangenen Wochen kontinuierlich vorrücken.

Eine der Hauptbrücken, die aus Cherson über einen Seitenarm des Flusses Dnipro führt, wurde zuvor offenbar gesprengt, wie im Internet veröffentlichte Bilder am Mittwoch zeigten. Reuters konnte den Ort der Aufnahmen verifizieren, nicht aber unabhängig feststellen, warum die Brücke einstürzte. Auf ukrainischer Seite gab es Spekulationen, dass russische Truppen das Bauwerk gesprengt haben, um ihren Abzug aus der Stadt Cherson vorzubereiten.

Zugleich berichteten russische Nachrichtenagenturen vom Tod des von der Moskauer Regierung in Cherson als Vize-Chef der Region eingesetzten Kirill Stremousow. Todesursache sei ein Autounfall gewesen, hieß es in den Berichten. Weitere Angaben über die Umstände wurden nicht gemacht. Stremousow, einer der profiliertesten Personen der Besatzer in der Region, hatte zuletzt mehrfach angedeutet, dass Russland seine Truppen aus dem Gebiet um das Westufer des Dnipro abziehen könnten. Die Region Cherson ist eine von vier Regionen in der Ukraine, die mittlerweile von der Regierung in Moskau annektiert und zum russischen Staatsgebiet erklärt wurde.

(Bericht von Tom Balmforth; Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Hans Seidenstücker; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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