Zweites Urteil gegen Myanmars gestürzte Regierungschefin Suu Kyi vertagt

(Reuters) – In Myanmar ist das Urteil in einem zweiten Prozess gegen die vom Militär gestürzte De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi verschoben worden.

Es soll nun am 10. Januar verkündet werden, wie eine mit dem Verfahrensplanungen vertraute Person mitteilte. In diesem Fall geht es unter anderem um den Vorwurf, dass Suu Kyi im Besitz von illegalen Funkgeräten gewesen sein soll. Die 76-jährige Friedensnobelpreisträgerin war erst Anfang Dezember wegen Anstiftung zum Widerstand sowie wegen Verstößen gegen Corona-Auflagen zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Die ursprünglich verhängte Haftstrafe von vier Jahren war von den Militärmachthabern verkürzt worden. Sie wird an einem unbekannten Ort gefangengehalten.

Suu Kyi werden fast ein Dutzend Vergehen wie etwa auch Amtsmissbrauch, Geheimnisverrat und Korruption zur Last gelegt, auf die zusammen mehr als 100 Jahre Haft stehen. Suu Kyi weist die Vorwürfe zurück. Ihre Anhänger und Menschenrechtler sprechen von einem politisch motivierten Prozess. Das Militär hatte am 1. Februar geputscht und neben Suu Kyi auch andere Regierungsvertreter und die meisten führenden Politiker ihrer Partei der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) festgenommen. Es spricht von Fälschung der Parlamentswahl im November 2020, bei der Suu Kyis Partei mit großer Mehrheit wiedergewählt worden war. Die Wahlkommission und internationale Beobachter haben den Vorwurf des Wahlbetruges zurückgewiesen. Seit dem Putsch kommt es immer wieder zu Protesten und zivilem Ungehorsam, Hunderte Menschen wurden getötet.

Suu Kyi, die Tochter eines im früheren Birma gefeierten Unabhängigkeitshelden, hatte bereits zwischen 1989 und 2010 insgesamt rund 15 Jahre unter Hausarrest verbracht. Sie stand an der Spitze der Demokratiebewegung, die sich gegen das seit 1962 regierende Militär auflehnte. Im Jahr 2010 kam sie frei und führte ihre Partei fünf Jahre später an die Macht. Suu Kyi galt vielen als Menschenrechts-Ikone. Doch international litt ihr Ruf darunter, dass sie sich 2017 nicht der Vertreibung von Hunderttausenden Angehörigen der muslimischen Rohingya-Minderheit entgegenstellte und das Militär gegen Vorwürfe des Völkermords in Schutz nahm.

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