USA verstärken Truppen in Europa – Scharfe Töne aus Moskau

Washington/Moskau (Reuters) – In der Ukraine-Krise verlegen die USA Truppen nach Polen, Rumänien und ein kleineres Kontingent auch nach Deutschland.

Das US-Verteidigungsministerium erklärte am Mittwoch, etwa 1000 Soldaten aus Vilseck nahe Nürnberg würden nach Rumänien entsandt. Weitere 1700 – überwiegend Luftlandetruppen von der Elite-Einheit 82nd Airborne – sollten aus Fort Bragg nach Polen geschickt werden. Von dem Stützpunkt in North Carolina würden 300 Soldaten nach Deutschland verlegt. Ministeriumssprecher John Kirby sprach von einem Signal an Russlands Präsident Wladimir Putin, dass “die Nato den USA und unseren Verbündeten wichtig ist”. Aus Moskau kamen scharfe Töne gegenüber dem britischen Premierminister Boris Johnson und Mitglieder seiner Regierung.

Die Nachrichtenagentur Reuters hatte zuvor von Insidern von der geplanten Verlegung der insgesamt etwa 3000 Soldaten erfahren. Diese geht über die 8500 Soldaten hinaus, die die Regierung von Präsident Joe Biden im vergangenen Monat für eine rasche Verlegung nach Europa in Bereitschaft versetzt hatte. Kirby schloss am Mittwoch weitere Truppenbewegungen nicht aus. Pläne für eine Verlegung von US-Soldaten in die Ukraine selbst, die nicht der Nato angehört, wurden weiter nicht bekannt. Russland hat mehr als 100.000 Soldaten an der Grenze zum Nachbarland zusammengezogen. Putin verneint Invasionspläne, fordert jedoch Sicherheitsgarantien wie ein Verzicht einer Nato-Mitgliedschaft für die Ukraine.

RUSSLAND: “DUMMHEIT UND IGNORANZ”

Die russische Regierung wählte ungewöhnlich scharfe Worte gegenüber Großbritannien. Präsidialamtssprecher Dmitry Peskow sagte zu einem geplanten Telefonat zwischen Johnson und Putin, dieser sei bereit, mit jedem zu kommunizieren. “Er ist bereit, selbst jemanden völlig verwirrtem ausführliche Erklärungen zu geben.” Eine Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, verhöhnte in einem Blog-Posting die britische Außenministerin Liz Tuss für die Aussage, Großbritannien schicke Ausrüstung an die “baltischen Verbündeten auf der anderen Seite des Schwarzen Meeres”: “Wenn jemand vor irgendetwas gerettet werden muss, dann die Welt vor der Dummheit und Ignoranz der britischen Politiker.”

Kirby zufolge gehen die USA davon aus, dass Putin bislang keine Entscheidung über einen Einmarsch getroffen hat. Frankreich sieht ebenfalls derzeit keinen Hinweis darauf, dass Russland zu einem Eingreifen in der Ukraine bereit ist, sagte Außenminister Jean-Yves Le Drian dem Sender France 2. Jedoch seien alle Vorbereitungen für einen möglichen Angriff abgeschlossen. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erklärte in einem Online-Briefing, die diplomatischen Anstrengungen zeigten Erfolge, der schlimmste Fall einer russischen Invasion sei jedoch noch nicht abgewendet.

Einem Bericht der spanischen Zeitung “El Pais” zufolge sind die USA zu Gesprächen mit Russland über einen Verzicht auf Truppen- und Raketen-Stationierung in der Ukraine bereit. Die USA würden auf landgestützte Raketen oder Kampftruppen dort verzichten, wenn Russland dies ebenfalls tue, berichtete das Blatt unter Berufung auf vertrauliche Dokumente. Zudem könne über die Begrenzung von US-Atomwaffen in Ost-Europa gesprochen werden. Weder die Nato noch Russland wollten sich dazu äußern.

In Kiew versicherte der niederländische Regierungschef Mark Rutte der Ukraine die Solidarität seines Landes. In den Vortagen waren andere hochrangige Vertreter europäischer Regierungen in der ukrainischen Hauptstadt empfangen worden. Die türkische Regierung kündigte für Donnerstag die Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens mit der Ukraine an. Dies werde anlässlich des Besuchs von Präsident Recep Tayyip Erdogan in Kiew geschehen, sagte der Handelsminister Mehmet Mus. Die Türkei hat im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland ihre Vermittlerrolle angeboten, sie unterhält gute Beziehungen zu beiden Ländern.

tagreuters.com2022binary_LYNXMPEI1205W-VIEWIMAGE