Berlin (Reuters) – Trotz der Omikron-Welle ist in Deutschland kein starker Anstieg der Firmenpleiten in Sicht.
Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen sank von Dezember auf Januar um 17,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Regelinsolvenzverfahren gelten als Frühindikator für Unternehmensinsolvenzen. Für diese liegen endgültige Daten nur bis November 2021 vor. In diesem Monat meldeten die Amtsgerichte 1094 Firmenpleiten und damit 4,6 Prozent mehr als im Jahr davor. Damit kletterte die Zahl der Firmenpleiten seit September 2019 zwar erstmals wieder. Aber der Verband der Insolvenzverwalter (VID) erwartet mittelfristig keinen deutlichen Anstieg. “Die vielfach angekündigte Insolvenzwelle ist nicht in Sicht”, sagte der VID-Vorsitzende Christoph Niering.
Die Insolvenzzahlen waren im Verlauf der Corona-Krise durch gesetzliche Sonderregelungen und Wirtschaftshilfen zeitweise deutlich gesunken. Seit Mai 2021 sind keine Sonderregeln mehr in Kraft. Der VID erklärte, die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes und die in Aussicht gestellte Verlängerung der Überbrückungshilfe IV stabilisierten die wirtschaftliche Situation vieler pandemiegeplagter Firmen. “Gerade den Arbeitnehmern in den besonders von der Pandemie betroffenen Branchen wie der Gastronomie, Hotellerie und der Touristik kommt eine Verlängerung der Hilfen zugute”, betonte Niering.
Allerdings verzögerten die Staatsgelder oft auch wichtige Transformationsprozesse: “Die Pandemie hat das Kundenverhalten nachhaltig verändert.” Ob Firmen an ihre alten Geschäftsmodelle aus der Vor-Pandemiezeit anknüpfen könnten, sei in vielen Fällen ungewiss, warnte Niering. Ein Risiko sei die teure Energie. “Wir sehen derzeit vermehrt Insolvenzen bei Strom- und Gasanbietern, die die stark gestiegenen Großhandelspreise für Strom und Erdgas nicht mehr tragen können.”
Auch das IWH-Institut aus Halle geht für die nächsten Monate von wenig Firmenpleiten aus. “Die Nachwirkungen der Pandemie werden sich vollumfänglich erst nach Auslaufen der großzügigen Kurzarbeitergeld-Regelungen in den Insolvenzzahlen zeigen”, sagte IWH-Experte Steffen Müller. “Mit massiven Jobverlusten ist aber auch dann nicht mehr zu rechnen.”
Vor allem die Gastronomie ist von den Maßnahmen im Kampf gegen die Virus-Pandemie stark betroffen. Laut einer Analyse des Informationsdienstleisters CRIF, in der mehr 100.000 Unternehmen ausgewertet wurden, gibt es ein erhöhtes Insolvenzrisiko in der Branche. Demnach gelten derzeit 16.567 Restaurants, Gaststätten, Imbisse und Cafés in Deutschland als insolvenzgefährdet. Das seien 16,2 Prozent der untersuchten Betriebe. Im Januar 2020 – vor der Corona-Pandemie – lag die Zahl insolvenzgefährdeter Gastronomiefirmen bei 12.662 oder bei einem Anteil von 12,4 Prozent. Binnen zwei Jahren stieg damit die Zahl der finanziell stark angeschlagenen Betriebe fast um ein Drittel.
Bei den Verbraucherinsolvenzen setzte sich der jüngste Trend fort: Hier hat sich die Zahl im November binnen Jahresfrist mit plus 181 Prozent auf 6231 fast verdreifacht. Grund dafür ist ein Gesetz zur schrittweisen Verkürzung der sogenannten Restschuldbefreiung von sechs auf drei Jahre. Die neue Regelung ermöglicht Betroffenen einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang nach einem Insolvenzverfahren.