Ampel-Koalition sieht “Superabschreibungen” erst 2023

– von Holger Hansen und Christian Krämer

Berlin (Reuters) – Die sogenannten Superabschreibungen für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung greifen – anders als im Ampel-Koalitionsvertrag geplant – voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr, sondern erst ab 2023.

Darauf verständigten sich SPD, Grüne und FDP, wie SPD-Politiker Michael Schrodi am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters sagte. Stattdessen sollen Unternehmen in Milliardenhöhe von einer Verlängerung der in Corona-Zeiten als Sonderregelung eingeführten degressiven Abschreibung für das laufende Jahr profitieren. Die Koalition erhofft sich davon einen Investitionsimpuls. Dafür wird Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwoch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz ins Kabinett einbringen, mit nur kleinen Änderungen gegenüber den bisherigen Plänen, zu denen SPD und Grüne zunächst Gesprächsbedarf angemeldet hatten.

Mit den “Superabschreibungen” sollen Investitionen gezielt in Klimaschutz und Digitalisierung gelenkt werden. Zuletzt war bereits über eine Verschiebung spekuliert worden. Lindner hatte sich dafür offen gezeigt, wenn dadurch der Konjunktureffekt verstärkt werden könnte. Schrodi sagte, dafür gebe es im Rahmen des Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes degressive Abschreibungen auf bewegliche Wirtschaftsgüter für ein weiteres Jahr. Sie gelten also bei Wirtschaftsgütern, die 2022 angeschafft oder produziert werden. Danach greife ab 2023 dann die Investitionsprämie, wie die “Superabschreibung” auch genannt wird. Sie war ursprünglich für 2022 und 2023 geplant.

Die degressive Abschreibung ist mit knapp zehn Milliarden Euro an erwarteten Steuermindereinnahmen für die Jahre 2022 bis 2025 der bei weitem teuerste Posten des Steuerhilfegesetzes. Enthalten sind darin unter anderem noch der steuerfreie Pflegebonus und die Verlängerung der Home-Office-Pauschale. Außerdem können Unternehmen Corona-Verluste stärker und länger als bisher mit früheren Gewinnen verrechnen.

Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die Folgen der Corona-Pandemie abfedern und die Nachfrage im Inland stärken. Die Steuermindereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden werden insgesamt auf gut elf Milliarden Euro für die Jahre 2022 bis 2025 beziffert. Das Kabinett soll den Gesetzentwurf am Mittwoch beschließen, wie die Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, Katja Hessel (FDP), bestätigte. Danach müssen noch Bundestag und Bundesrat zustimmen.

FDP – ABSCHREIBUNGEN SIND JEDEN CENT WERT

Der finanzpolitische Sprecher der FDP, Markus Herbrand, sagte Reuters, mit der degressiven Abschreibung werde die Wirtschaft in einer Notlage stabilisiert. Die zunächst erwarteten Mindereinnahmen für den Staat seien jeden Cent wert und würden sich danach in Mehreinnahmen umwandeln. Bei den “Superabschreibungen” gehe es dann um den Umbau der Wirtschaft. “Hier ist die genaue Ausgestaltung unter den Koalitionspartnern noch nicht abgeschlossen.” Die Booster-Wirkung müsse so groß wie möglich sein. “Zurzeit prüfen wir deshalb genau, inwiefern die aktuelle Lieferkettenproblematik die positive Auswirkungen der Superabschreibung beschneiden könnte.”

Die Grünen begrüßten vor allem die Ausweitung des Zeitraums für Verlustrückträge und die Verlängerung der Fristen für Steuerberater zur Abgabe von Steuererklärungen. “Bei den Abschreibungserleichterungen hätten wir im Sinne des Fortschrittsversprechens der Koalition eine zügige Bearbeitung der an Digitalisierung und Klimaschutz orientierten Superabschreibungen bevorzugt”, sagte Grünen-Finanzexpertin Katharina Beck zu Reuters. “Zukunftsinvestitionen zu erleichtern ist ein Kernanliegen dieser Koalition.”

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