Putin will noch am Montag über Luhansk und Donezk entscheiden

(Neu. Ankündigung Entscheidung über)

– von Dmitry Antonov und Michel Rose

Moskau/Paris (Reuters) – Präsident Wladimir Putin will noch am Montag entscheiden, ob Russland die beiden abtrünnigen ukrainischen Provinzen Luhansk und Donezk als unabhängig anerkennt.

Dies kündigte Putin in Moskau an. Verteidigungsminister Sergej Schoigu empfahl dem Präsidenten, diesen Schritt zu tun. In dem Fall wäre der Weg für Russland geebnet, in die Gebiete einzumarschieren. Der Westen hat zudem immer wieder unterstrichen, dass die territoriale Integrität der Ukraine bewahrt werden müsse. Ungeachtet dieser Entwicklung liefen die diplomatischen Drähte nach Tagen der militärischen Eskalation in der Ost-Ukraine wieder heiß. Dabei könnte sich ein Gespräch Putins mit US-Präsident Joe Biden anbahnen.

Schoigu warnte Putin, die Ukraine habe an der sogenannten Kontaktlinie zu den Separatisten-Gebieten erhebliche Truppen zusammengezogen. Er habe die Vermutung, dass die Ukraine die von pro-russischen Rebellen besetzten Gebiete, zu denen auch Luhansk und Donezk gehören, zurückerobern wolle. Der ukrainische Außenminister Dmitro Kuleba bat die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates um eine Dringlichkeitssitzung. Dabei sollen nach seinen Wünschen Schritte beraten werden, um die Sicherheit seines Landes zu garantieren und die Spannungen mit Russland abzubauen. Russland ist ständiges Mitglied des Sicherheitsrats und hat damit ein Vetorecht. US-Präsident Joe Biden berief nach Angaben eines Mitarbeiters den Nationalen Sicherheitsrat ein.

Laut Präsidialamt in Paris vom Montag versucht Präsident Emmanuel Macron ein Gipfeltreffen zwischen Putin und Biden zu vermitteln. Der Kreml in Moskau teilte darauf hin mit, es gebe zwar noch keine konkreten Pläne für eine Begegnung der beiden, die Staatschefs könnten aber jederzeit entscheiden, sich zu einem Telefonat oder einem Treffen zu verabreden. Das US-Präsidialamt bestätigte, Biden habe dem “grundsätzlich” unter der Bedingung zugestimmt, dass es nicht zu einer Invasion Russlands in der Ukraine komme. “Wir sind immer bereit zur Diplomatie”, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz war in die Bemühungen eingeschaltet. Nach Angaben eines Regierungssprechers in Berlin wollte Scholz am Nachmittag mit Putin sprechen.

Für Donnerstag ist ein Treffen der Außenminister Russlands und der USA, Sergej Lawrow und Antony Blinken, in Genf geplant. Die Ukraine meldete allerdings Anspruch an, an einem Gipfel Russlands und der USA teilzunehmen. “Niemand kann unser Problem ohne uns lösen”, sagte der Chef des Obersten Nationalen Sicherheitsrates, Oleksij Danilow. “Alles sollte mit unserer Beteiligung geschehen.”

Zugleich bereitet die US-Regierung Insidern zufolge ein Sanktionspaket gegen Russland vor, das auf den Bankensektor abzielt. Vorgesehen sei, US-Finanzinstituten die Abwicklung von Transaktionen für große russische Banken zu verbieten, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von drei mit der Angelegenheit vertrauten Personen. Die Sanktionen sollen den Angaben zufolge nur im Falle einer russischen Invasion der Ukraine umgesetzt werden. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen drohte, die geplanten Finanzsanktionen seien darauf abgerichtet, dass “Russland im Prinzip abgeschnitten wird von den internationalen Finanzmärkten”.

“SPIELEN SIE NICHT MIT MENSCHENLEBEN”

Die Europäische Union unterstützt die Bemühungen um Gespräche zwischen den USA und Russland. Gipfeltreffen auf der Ebene von Staatschefs oder von Ministern seien dringend notwendig, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell vor Beginn eines Treffens der EU-Außenminister in Brüssel. “Wir werden alles unterstützen, was diplomatische Gespräche zum besten und einzigen Weg machen kann, um eine Lösung für die Krise zu finden.” Bundesaußenministerin Annalena Baerbock appellierte an Putin: “Kommen Sie an den Verhandlungstisch zurück”, sagte sie in Brüssel. “Wir warten auf Sie!”

Baerbock verurteilte zugleich das Vorgehen Russlands im Osten der Ukraine scharf. Putin betreibe ein “wirklich verantwortungsloses Spiel”, sagte die Grünen-Politikerin und appellierte: “Spielen sie nicht mit Menschenleben.” In den vergangenen Tagen kam es im Donbass zu zahlreichen Verstößen gegen die vereinbarte Waffenruhe. Die prorussischen Separatisten und die Regierung in Kiew gaben sich daran gegenseitig die Schuld.

Das russische Militär meldete am Montag, es habe im Gebiet von Rostow einen versuchten Grenzübertritt ukrainischer Kräfte vereitelt. Dabei seien fünf Menschen getötet worden. Die Ukraine wies die Darstellung zurück. Die von Russland unterstützten Rebellen erklärten laut einem Bericht der Nachrichtenagentur RIA, in der Ost-Ukraine seien zwei Zivilisten durch ukrainische Regierungstruppen getötet worden. Der Vorfall habe sich am späten Sonntag ereignet, zitierte RIA Vertreter der selbst ernannten Volksrepublik Luhansk.

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