– von Nadine Schimroszik
Potsdam (Reuters) – Trotz zahlreicher Proteste hat Tesla die endgültige Baugenehmigung für seine Autofabrik im brandenburgischen Grünheide erhalten.
Damit kann der weltgrößte Elektroautobauer aus dem Silicon Valley nach der Erfüllung von Auflagen sein erstes Werk in Europa in Betrieb nehmen. “Der heutige Tag, der 4. März, ist für Brandenburg ein großer Schritt in die Zukunft”, sagte der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke bei einer Pressekonferenz in Potsdam. Damit erfolgt die Bekanntgabe nahezu zeitgleich zur erwarteten Ankündigung von Europas größtem Autobauer Volkswagen, am Stammsitz in Wolfsburg eine Elektroautofabrik hochzuziehen, die den Dax-Konzern näher an den enteilten US-Konkurrenten heranbringen soll. Während VW die ersten Trinity-Wagen 2026 produzieren will, dürften in Grünheide noch dieses Jahr die ersten Model Y ausgeliefert werden.
Erst im November 2019 hatte Tesla-Chef Elon Musk seine Pläne für eine “Giga-Factory” öffentlich gemacht und seither auf eigenes Risiko vor den Toren Berlins für fast sechs Milliarden Euro ein riesiges Werkhallennetz hochgezogen. Kritiker versuchten, den US-Konzern mit Klagen, Protesten und Einwendungen zu stoppen. Umweltverbände und Bürgervereinigungen fürchten die Auswirkungen auf die Wasserversorgung, Tier- und Pflanzenwelt sowie die Lärmbelästigung durch die Mega-Fabrik. Musk hat den Fabrikbau eng begleitet, ist mehrmals angereist und hat sogar um die Gunst der Anwohner bei einem “Gigafest” Anfang Oktober geworben. Woidke freute sich sichtlich über den Zuschlag. Man werde erst in einigen Jahren, Jahrzehnten sehen, wie bedeutend er sei.
Ursprünglich war bereits ein Start im Sommer 2021 geplant gewesen. Da Tesla aber neben dem Autowerk auch eine Batteriefabrik errichtet, mussten die Anträge geändert werden – auch um letztlich Rechtssicherheit zu haben. Ziel der US-Amerikaner ist es, in Grünheide jährlich 500.000 Wagen vom SUV-Model Y herzustellen und 500 Millionen Batteriezellen, was einer Produktionsmenge von 50 Gigawatt pro Jahr entspricht. Allerdings dürfte es eine Weile dauern, bis das Werk seine volle Auslastung erreicht und bis es überhaupt losgeht. Denn Tesla muss unter anderen 113 Auflagen zur Luftreinhaltung und 96 Auflagen zum Trinkwasserschutz erfüllen, bevor der reguläre Betrieb starten kann. Zudem wird der Genehmigungsbescheid nun zwei Wochen zur Einsichtnahme ausgelegt und danach gibt es noch eine Frist von einem Monat, innerhalb derer Widersprüche erhoben werden können.
“URPLÖTZLICH KENNT MAN UNS”
Der brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach erhofft sich einen Schub für den Arbeitsmarkt durch die 740 Hektar große Neuansiedlung im Landkreis Oder-Spree. Erst dadurch wüssten nun viele, wo Brandenburg im Atlas zu finden sei. “Urplötzlich kennt man uns”, sagte er am Freitag. Perspektivisch könnten bei Tesla bis zu 40.000 Beschäftigte arbeiten, hieß es in der Vergangenheit. Zunächst sollen es 12.000 sein. Weitere Jobs könnten bei Zulieferern entstehen, die sich in der Nähe zum Tesla-Werk ansiedeln könnten. Der Chef der zuständigen Arbeitsagentur in Frankfurt/Oder, Jochem Freyer, rechnet jedenfalls mit positiven Effekten: “Tesla kann sehr vielen Menschen aus Berlin und Brandenburg eine Beschäftigungsmöglichkeit bieten. Etwa 300 Arbeitslose haben wir schon vor dem Produktionsstart vermittelt. Für die gesamte Region kann das Werk ein Booster werden, der die Wirtschaft diversifiziert, voran bringt und auswärtige Fachkräfte anzieht.”
Inzwischen setzt auch der deutsche Konkurrent Volkswagen mit dem erwarteten “Trinity”-Werk zum Sprung in eine neue Zeitrechnung an. Ziel der Wolfsburger ist es, den Elektrowagen-Pionier aus den USA in den nächsten Jahren zu überholen und größter Anbieter von E-Autos zu werden. Trinity soll für drei Dinge stehen: Eine komplett neue Fahrzeugarchitektur, die Absicht, die automatisiertes Fahren für eine breite Kundschaft zugänglich zu machen, und eine vollvernetzte, automatisierte Fertigung. Ziel ist, wie Tesla ein Auto in etwa zehn Stunden zu bauen. Derzeit braucht VW dafür in seinem E-Autowerk in Zwickau etwa drei Mal so lange.