Frankfurt (Reuters) – An den Börsen standen die Zeichen am Mittwoch auf Erholung.
In der Hoffnung auf diplomatische Fortschritte bei den Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine deckten sich Anleger nach der tagelangen Talfahrt wieder kräftig mit Aktien ein. Auch an den Rohstoffmärkten entspannte sich die Lage. Der Dax stieg am Vormittag um bis zu 5,4 Prozent auf 13.521 Punkte und steuerte auf seinen größten Tagesgewinn seit Mai 2020 zu. Auch der EuroStoxx50 legte mehr als fünf Prozent auf 3694 Zähler zu. “Die Aussicht auf einen Waffenstillstand in der Ukraine sorgt für ein wenig Zuversicht unter den Anlegern, aber das Vertrauen in die Nachhaltigkeit bleibt, ob der Umstände und Folgen des Krieges, sehr gering”, sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst von CMC Markets. Russland hatte einem Agenturbericht zufolge für Mittwoch eine Feuerpause und die Öffnung von Fluchtwegen aus Kiew, Mariupol, Sumy, Charkiw sowie Tschernihiw in Aussicht gestellt.
Bei Aktien aus den zuletzt stark unter die Räder gekommenen Sektoren griffen die Anleger besonders zu. Der Bankenindex kletterte um mehr als acht Prozent. Die Barometer für europäische Autohersteller und Reise- und Tourismus zogen um jeweils mehr als sechs Prozent an. “Diese Aktien sind so nach unten geprügelt, sie können nicht einfach weiter fallen”, sagte Craig Erlam, Marktanalyst beim Broker Oanda. “Was wir sehen, ist eine kleine Atempause. Ich glaube nicht, dass dies der Beginn einer großen Trendwende ist.”
NICHT SO SCHLIMM WIE BEFÜRCHTET
Viele Unternehmen rechnen durch den Rückzug aus ihrem Russland-Geschäft mit Einbußen, allerdings hatten sich Investoren auf drastischere Effekte eingestellt. Die italienische Großbank UniCredit erklärte, selbst in einem Extrem-Szenario, in dem die Russland-Verbindungen auf null heruntergefahren würden, könne das Geldhaus die für 2021 in Aussicht gestellte Bar-Dividende zahlen. Die Papiere stiegen um mehr als neun Prozent.
Die Deutsche Post hob die Dividende deutlich an und will weitere Aktien zurückkaufen. Die Papiere sprangen um 8,6 Prozent nach oben. Aktien des Sportartikelherstellers Adidas sprinteten mit einem Plus von bis zu zehn Prozent voran. “Trotz pandemiebedingter Schwierigkeiten und Lieferkettenengpässe konnte Adidas die Erwartungen der Analysten mehrheitlich erfüllen, wenn nicht sogar übertreffen”, fassten die Experten von Raiffeisen Research zusammen. Puma gewannen im Windschatten mehr als sechs Prozent.
Aktien europäischer Apple-Zulieferer stiegen, nachdem der US-Konzern sein kostengünstiges iPhone SE aufwerten will. Das könne Nutzer dazu bringen, ihre älteren Modelle auszutauschen, sagte Analyst Neil Shah vom Marktbeobachter Counterpoint Research. Aktien von ASML, ams und Infineon gewannen zwischen 4,5 und 6,4 Prozent.
ROHSTOFFPREISE SINKEN ETWAS
Die Preise an den Metallbörsen kamen nach ihrer Kursexplosion zur Beruhigung. Das für Autokatalysatoren verwendete Palladium, dessen Haupt-Exporteur Russland ist, verbilligte sich um 3,7 Prozent auf 3061 Dollar je Feinunze. Kupfer verlor ein Prozent. Turbulent blieb es allerdings bei Nickel, dessen Preis sich wegen spekulativer Käufe zuletzt mehr als verdoppelt hat. Der Handel an der LME stand weiter still, während der Preis in Shanghai um mehr als 17 Prozent nach oben schnellte.
Indes trat die Internationale Energieagentur (IEA) der Furcht der Anleger vor Öl-Lieferengpässen durch blockierte russische Zuflüsse entgegen. Die IEA stehe bereit, zusätzliche Öl-Reserven freizugeben, um mehr Öl auf die Märkte zu bringen, sagte Agenturchef Fatih Birol auf einer Energiekonferenz in Paris. Die Nordseesorte Brent verbilligte sich um 0,8 Prozent auf 126,85 Dollar je Barrel. Die Ölpreise sind um mehr als 30 Prozent gestiegen, seit Russland in die Ukraine einmarschiert ist und die Vereinigten Staaten und andere Länder eine Reihe von Sanktionen verhängt haben.