Berlin/London (Reuters) – Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz pocht in der Ukraine-Krise auf deutliche Worte gegenüber Russland.
Es müsse “ganz, ganz klar” sein, dass eine weitere Bedrohung der Ukraine inakzeptabel wäre, sagte der SPD-Politiker mit Blick auf Truppenbewegungen an der russisch-ukrainischen Grenze. Er sei sicher, dass US-Präsident Joe Biden dies in seinem Gespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin zum Ausdruck bringen werde, sagte Scholz am Dienstag in Berlin weiter. Das Gespräch zwischen Biden und Putin war noch für den Lauf des Tages geplant. Im Gespräch ist als Druckmittel auch ein Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift.
Scholz sagte, das Prinzip der Unverletzbarkeit von Grenzen müsse gewahrt werden. Er sei wegen der Truppenbewegungen Russlands “sehr besorgt”. Der designierte Vize-Kanzler Robert Habeck betonte bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Scholz, der Konflikt könne nur diplomatisch gelöst werden. Dazu müssten bestehende Kanäle wie etwa das sogenannte Normandie-Format zwischen Deutschland, Frankreich, der Ukraine und Russland reaktiviert werden. Mit Blick auf die Ukraine verwies Habeck darauf, dass die russische Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 nach Deutschland noch nicht genehmigt sei. Im weiteren Verlauf werde man daher “sicher noch mal politisch darüber reden”.
Biden erörterte vor dem Telefonat mit Putin die Lage mit mehreren europäischen Partnern. Wie das US-Präsidialamt mitteilte, stimmte er sich mit der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Ministerpräsident Mario Draghi und Großbritanniens Premierminister Boris Johnson ab. Dabei hätten alle Beteiligten ihre Unterstützung für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine unterstützt und Russland erneut aufgefordert, die Spannungen zu deeskalieren. Demnach will Biden mit ernsthaften wirtschaftlichen Folgen drohen, sollte Russland in der Ukraine einmarschieren.
“WISSEN, WIE HOCH DER WIRTSCHAFTLICHE PREIS IST”
Großbritannien ist nach Angaben eines Sprechers des Premierministers entschlossen, jedes mögliche wirtschaftliche und diplomatische Mittel einzusetzen, um eine Aggression Russlands abzuwenden. Nach Angaben des Außenministeriums in London wird dabei auch nicht ausgeschlossen, der Ukraine militärisches Gerät zur Verfügung zu stellen. Der lettische Außenminister Edgars Rinkēvičs sagte der Nachrichtenagenur Reuters: “Russland muss voher wissen, wie hoch der wirtschaftliche Preis ist.” Bei Sanktionen dürfe ein Ausschluss Russlands aus Swift sowie eine Sanktionierung von Nord Stream 2 nicht ausgeschlossen werden.
Die Regierung in Moskau fordert, die Nato müsse ihre Ost-Erweiterung stoppen. Die Ukraine strebt einen Beitritt zu dem westlichen Militärbündnis an, womit für Russland eine rote Linie überschritten wäre. Die Ukraine wirft Russland vor, mittlerweile mehr als 94.000 Soldaten an der gemeinsamen Grenze zusammengezogen zu haben. Russland verdächtigt seinerseits die Ukraine, selbst eine militärische Aufrüstung zu betreiben, und hat die Absicht einer Invasion bestritten.