Berlin (Reuters) – Russlands Präsident Wladimir Putin zerstört nach Ansicht von Bundeskanzler Olaf Scholz die Zukunft seines Landes.
“Putin muss die Wahrheit hören über den Krieg in der Ukraine”, sagte Scholz am Mittwoch in der Generaldebatte über den Bundeshaushalt im Bundestag. “Und diese Wahrheit lautet: Der Krieg zerstört die Ukraine. Aber mit dem Krieg zerstört Putin auch Russlands Zukunft.” Sowohl die Nato als auch die EU seien heute so geeint wie nie, fügte der SPD-Politiker hinzu. Zugleich warb er um Zustimmung der Union für die Grundgesetz-Verankerung des geplanten Sondervermögens für die Bundeswehr über 100 Milliarden Euro. Der russische Angriffskrieg zwinge alle zu einer Neujustierung der Außen- und Sicherheitspolitik. Das Sondervermögen sei aber auch deshalb notwendig, damit die nötigen Reformen in anderen Politikfeldern weiter möglich seien, sagte Scholz.
Der Kanzler versicherte der Ukraine weitere deutsche Unterstützung und betonte, dass auch an neuen EU-Sanktionen gegen Russland gearbeitet werde. “Präsident Selenskyj, die Ukraine kann sich auf unsere Hilfe verlassen”, sagte er. Man sei sich allerdings mit den USA einig, dass die Nato aber nicht Kriegspartei werden dürfe. Es werde deshalb weder eine vom Westen durchgesetzte Flugverbotszone noch Nato-Friedenstruppen in der Ukraine geben. Scholz dankte der deutschen Bevölkerung für die hohe Aufnahmebereitschaft für ukrainische Kriegsflüchtlinge und kündigte ein gemeinsames Vorgehen von Bund, Ländern und Kommunen an. “Die Geflüchteten sind uns hier willkommen”, betonte er.
RINGEN UM ZWEI-PROZENT-ZIEL UND SONDERVERMÖGEN
Anders als in seiner Regierungserklärung am 27. Februar bekannte sich der Kanzler diesmal aber nicht erneut dazu, dass Deutschland ab diesem Jahr mehr als zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben wird. Oppositionsführer Friedrich Merz nannte in seiner Rede genau dieses Bekenntnis als eine der Bedingungen, damit CDU und CSU einer Grundgesetzänderung für das Sondervermögen Bundeswehr zustimmen. Scholz appellierte an die Union, dies möglich zu machen. “Es soll eine gemeinsame Sache werden, die wir für unser Land tun”, sagte er.
Merz betonte jedoch, die Union sei nicht die Mehrheitsbeschafferin für die Ampel-Koalition. Diese müsse schon selbst eine Mehrheit für das Sondervermögen Bundeswehr aufbringen, das auch bei den Grünen und der SPD umstritten ist. Eine Zustimmung der Union knüpfte der CDU-Chef zudem an weitere Bedingungen: So müsse ein Tilgungsplan für die geplanten Kredite von 100 Milliarden Euro vorgelegt werden sowie die Reform des Beschaffungswesens der Bundeswehr angegangen werden. Die Ampel-Regierung müsse zudem die der Nato zugesagten Ausgaben von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung dauerhaft und nicht nur fünf Jahre lang einhalten. Außerdem müssten die Ausgaben nur für die Bundeswehr sein und “für nichts anderes”. Die Bundesregierung solle deshalb sagen, wofür genau die 100 Milliarden Euro ausgegeben werden. “Wir werden nicht einen 100 Milliarden Blankoscheck erteilen”, sagte Merz.
Hintergrund ist, dass die Regierung das Sondervermögen auf Druck vor allem der Grünen nun auch für Cyberabwehr und die militärische Ertüchtigung von Partnerstaaten nutzen will – also nicht nur für die Bundeswehr. In der Ampel-Koalition finden dazu heute diverse Gespräche statt, unter anderem von Scholz mit Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) und dem Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn.
KEIN ENERGIEBOYKOTT GEGEN RUSSLAND
Der Kanzler machte einen Tag vor dem EU-Gipfel erneut deutlich, dass ein sofortige Stopp der Energieimporte aus Russland nicht möglich sei, weil ansonsten eine Rezession drohe. “Hunderttausende Arbeitsplätze wären in Gefahr. Ganze Industriezweige stünden auf der Kippe”, sagte Scholz. Sanktionen dürften die EU-Staaten nicht härter treffen als Russland. Man werde diese Abhängigkeit von russischen Importen aber “so schnell wie nur irgendwie möglich” beenden. Auf dem EU-Gipfel dürfte die Frage von EU-Sanktionen im Energiesektor diskutiert werden.