Berlin (Reuters) – Wenige Tage vor dem Ende der allgemeinen Maskenpflicht in Deutschland verzeichnet das Robert-Koch-Institut rückläufige Zahlen bei den Corona-Neuinfektionen, aber eine gestiegene Toten-Zahl.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach pochte darauf, dass der Bundestag kommende Woche eine Impfpflicht beschließt und warnte vor einer ansonsten schwierigen wirtschaftlichen Lage im Land im Herbst. Die Pandemie werde bei der wirtschaftlichen Entwicklung eine sehr wichtige Rolle spielen, fügte er mit Blick auf die reduzierte Wachstumserwartung des Sachverständigenrates der Bundesregierung hinzu.
Der Bundestag will kommenden Donnerstag abschließend über die Impfpflicht abstimmen. Dazu gibt es mehrere fraktionsübergreifende Gruppenanträge gegen eine Impfpflicht, für eine Impfpflicht ab 18 Jahren und eine ab 50 Jahren. Die Union hat einen abgestuften Vorschlag vorgelegt, mit dem eine Impfpflicht zwar beschlossen wird, aber erst in Stufen aktiviert werden soll, wenn die Pandemielage dies erfordert. “Wenn die SPD einen Kompromiss möchte, muss sie unserem Vorschlag nur zustimmen”, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Tino Sorge, zu Reuters. Zugleich betonte er, dass CDU und CSU der Ampel-Koalition nicht helfen wollten. “Mehrheitsbeschaffer einer pauschalen Impfpflicht ab 18, ob nun gestuft oder nicht, wird die Union nicht sein”, sagte er.
KNAPP 270.000 NEUINFEKTIONEN IN 24 STUNDEN
Am Mittwoch meldete das RKI 268.477 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Das sind 5.255 registrierte Fälle weniger als am Mittwoch vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz ging deutlich auf 1663,0 zurück nach 703,3 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 sich innerhalb einer Woche nachweislich angesteckt haben. Das RKI verzeichnete allerdings mit 348 weiteren Todesfällen im Zusammenhang mit dem Virus innerhalb eines Tages einen deutlich gestiegenen Wert. Die Zahl der Corona-Intensivpatienten in Krankenhäusern lag am Mittwoch bei 2283.
Am 2. April laufen die Übergangsregeln bei den Corona-Schutzmaßnahmen aus. Danach dürfen Bundesländer und Kommunen nach dem Willen der Ampel-Koalition nur noch eingeschränkt Maßnahmen anordnen. Die Maskenpflicht fällt in Handel und generell in Innenräumen bis auf wenige Ausnahmen. SPD, Grüne und FDP geben zur Begründung an, dass eine Überforderung des Gesundheitssystem nicht mehr zu befürchten sei. Nur in regionalen Hotspots mit hohen Infektionszahlen und Krankenhausbelegungen können einige weitergehende Maßnahmen verhängt werden, wenn die Landtage dies jeweils beschließen. Länder und kommunale Spitzenverbände halten das neue Infektionsschutzgesetz für kaum anwendbar. Lauterbach forderte von den Ländern eine Umsetzung auch der Hotspot-Regelung.
In der Ampel-Regierung verweisen Grüne und SPD darauf, dass die Beibehaltung der Maskenpflicht an der FDP gescheitert sei. Laut einer Forsa-Umfrage würden 69 Prozent der Befragten die Maskenpflicht gerne beibehalten – nur die Anhänger der FDP und der AfD sind mehrheitlich anderer Meinung. Laut einem Medienbericht wollen die große Handelsketten keine freiwilligen Auflagen anordnen. Demnach kündigten Ikea und Thalia an, die Maskenpflicht abzuschaffen, berichtete die “Bild”. Auch in Filialen von C&A, Douglas, Woolworth oder Deichmann werde die Maskenpflicht fallen. Gerry Weber wolle sie lediglich für Mitarbeiter anordnen. Zuvor hatten bereits Saturn und MediaMarkt bekanntgegeben, dass sie die Maskenpflicht zum 3. April abschaffen.
Unterdessen erlahmt die Impfkampagne der Bundesregierung immer weiter. Am Mittwoch verzeichnete das RKI nur noch 54.112 Impfungen. 5163 Personen ließen sich erstmals impfen. 76,6 Prozent der Bevölkerung sind nun mindestens einmal geimpft.