Warnung vor massiven russischen Angriffen in Ostukraine

– von Maria Starkova

Lwiw (Reuters) – Die Ostukraine steht offenbar vor massiven Angriffen durch die russische Armee.

“Es wird eine Offensive geben … nicht nur auf Mariupol, sondern auch auf andere Orte, Städte und Dörfer”, sagte der Putin-Verbündete und Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, in einem Telegramm-Video. Erst werde man die Donbass-Gebiete Luhansk und Donezk “vollständig befreien”, danach Kiew und alle anderen Städte einnehmen. “Die russischen Truppen werden zu noch größeren Operationen im Osten unseres Staates übergehen”, sagte auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videoansprache. Laut ukrainischen Medien waren am späten Sonntagabend heftige Explosionen in der nordöstlichen Stadt Charkiw und in Mykolajiw in der Nähe des Schwarzen Meeres zu hören. Der britische Militärgeheimdienst sprach am Montag von russischen Beschuss in Donezk und der Nachbarregion Luhansk.

Das Verteidigungsministeriums in London warnte zudem davor, dass Russland bei seinen Angriffen auf die südostukrainische Hafenstadt Mariupol auch Phosphormunition einsetzen könnte. Die Möglichkeit dafür habe sich erhöht, da Russland solche Munition bereits in der Region Donezk eingesetzt habe.

Am heutigen Montag will Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau treffen. Am Samstag war Nehammer in Kiew mit Selenskyj zusammengetroffen. Er wäre der erste EU-Regierungschef seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar, der Moskau besucht. Die EU-Außenminister beraten heute in Luxemburg über weitere Sanktionen.

Nach dem Telefonat mit Kanzler Olaf Scholz am Sonntag lobte der ukrainische Präsident in seiner abendlichen Videoansprache die nach seinen Worten “günstigere” Änderung der deutschen Haltung gegenüber Kiew. “Ich stelle mit Freude fest, dass sich die Position Deutschlands in letzter Zeit zugunsten der Ukraine verändert.” Nun sei es wichtig, dass alles Vereinbarte auch umgesetzt werde. Er habe mit Scholz darüber gesprochen, wie man Kriegsverbrecher zur Rechenschaft ziehen, Sanktionen gegen Russland verschärfen und Russland dazu bringen könne, den Frieden zu suchen, sagte Selenskyi. In Deutschland steht die Bundesregierung unter Druck, weitere Waffen an die Ukraine zu liefern. Scholz hatte dies am Wochenende auch zugesagt, ohne Angaben zu Details zu machen.

Der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, sagte ABC News: “Wir werden der Ukraine die Waffen liefern, die sie braucht, um die Russen zurückzuschlagen und sie daran zu hindern, weitere Städte und Dörfer einzunehmen.”

Am Wochenende hatten die ukrainischen Behörden von weiteren Massengräbern berichtet, die nach dem Abzug russischer Soldaten im Norden des Landes gefunden worden seien. Unabhängig lassen sich die Angaben oft kaum überprüfen, etwa in dem Ort Butscha waren aber Hunderte Tote gefunden worden. Die russische Regierung, die von einem militärischen Sondereinsatz in der Ukraine zu deren Entmilitarisierung und Entnazifizierung spricht, hat Angriffe auf Zivilisten wiederholt bestritten.

Die Ukraine und westliche Staaten bezeichnen die russische Invasion als nicht provozierten Angriffskrieg. Mehr als vier Millionen Menschen sind inzwischen ins Ausland geflohen. Zehntausende Menschen wurden getötet oder verletzt. Städte wurden in Schutt und Asche gelegt, ein Viertel der ukrainischen Bevölkerung wurde obdachlos.

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