Paris (Reuters) – Der französische Ministerpräsident Michel Barnier hat am Donnerstag seinen Rücktritt eingereicht.
Präsident Emmanuel Macron ersuchte ihn aber umgehend, bis zur Bildung einer neuen Regierung geschäftsführend im Amt zu bleiben. Barnier reagierte mit seinem Schritt auf das Misstrauensvotum in der Nationalversammlung am Mittwochabend. Macron wollte sich am Donnerstagabend an die Nation wenden.
Macron hat angekündigt, möglichst schnell einen neuen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs vorzuschlagen. Berichten der Zeitung “Le Parisien” und des Senders RTL zufolge wollte er noch am Donnerstag Francois Bayrou treffen, der früher bereits mehrere Ministerposten innehatte. Bayrou gilt als ein möglicher Nachfolger des früheren Brexit-Chefunterhändlers der EU, Barnier, und ist ein enger Vertrauter von Macron.
In Frankreich war seit 1962 keine Regierung mehr per Misstrauensvotum im Parlament gestürzt worden. Am Mittwochabend erwischte es nun die Minderheitsregierung von Barnier. Abgeordnete der rechtsnationalen Partei Rassemblement National (RN) um Marine Le Pen stellten sich hinter einen entsprechenden Antrag der Linken – ein ungewöhnlicher Schritt der verfeindeten Lager. Insgesamt stimmten 331 der 574 Parlamentarier für die Barnier-Ablösung. Auslöser war ein Streit über Einsparungen im Haushalt in Zeiten knapper Kassen. Barnier wollte versuchen, das hohe Defizit zu senken. Frankreich liegt deutlich über den EU-Vorgaben zur Neu- und zur Gesamtverschuldung.
Barnier führte eine Minderheitsregierung, die sich auf das von Macron gegründete Parteienbündnis Ensemble und die Republikaner stützte. Das Kabinett kann übergangsweise im Amt bleiben, um die Tagesgeschäfte zu erledigen. Macrons Amtszeit läuft noch bis 2027. Er hat die politische Krise mit den Neuwahlen im Sommer 2024 befeuert. Die nächste Parlamentswahl kann nicht vor Juli 2025 stattfinden. Bis mindestens dahin bleibt das Parlament stark zersplittert.
(Bericht von Reuters Paris; bearbeitet von Alexander Ratz und Christian Krämer; redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)